Hoch gerüstete Hilflosigkeit
Israels Armee zählt zu den modernsten
Streitkräften der Welt doch angesichts des Guerilla-Kriegs der
Palästinenser ist sie bisher machtlos
Von Thorsten Schmitz
Jerusalem Die israelische Armee Zahal gehört zu
den am besten ausgestatteten der Welt. Sie hat bisher alle großen
Angriffskriege gekontert, sei es der Sechs-Tage-Krieg von 1967 oder den
überraschenden Angriff Ägyptens und Syriens an Jom Kippur 1973. Einer
ihrer größten Erfolge ist die Eroberung der Altstadt Jerusalems im
Sechs-Tage-Krieg. Ohne diese Armee würde es Israel nicht geben, denn bis
heute kämpft das 54 Jahre alte Land um seine bloße Existenzberechtigung.
So ist die Armee Bestandteil des Alltags im Heiligen Land.
Entlang der Autobahn zwischen Tel Aviv und Jerusalem liegen Panzerwracks
aus dem Unabhängigkeitskrieg von 1948/49, an den großen Hauptverkehrsadern
trampen junge Soldaten an eigens dafür vorgesehenen Haltepunkten, am
Strand von Tel Aviv sind patrouillierende Soldaten normal und vom
Wehrdienst nach der Schule sind nur Menschen mit psychischen Problemen und
orthodoxe Juden ausgenommen.
Während Mädchen 24 Monate Grunddienst leisten müssen, stecken junge Männer
mindestens für drei Jahre in der olivgrünen Uniform. Allerdings bieten die
Streitkräfte beiden Geschlechtern gleiche Karriere- Chancen: Es gibt
Luftwaffenpilotinnen und Ausbilderinnen, die Rekruten durch die Wüste
scheuchen. Frauen müssen aber keinen Reservedienst leisten, während Männer
bis zum Alter von 50 Jahren für mindestens sechs Wochen im Jahr antreten
müssen. Unter den Reservisten ist es jüngst vermehrt zu Verweigerungen
gekommen: 375 haben mit einer Unterschriftensammlung für Aufruhr gesorgt.
Sie wollten nicht in den besetzten Gebieten Westjordanland und
Gaza-Streifen eingesetzt werden. Die Armee hütet ihre Mannschaftsstärke
wie ein Staatsgeheimnis. Im CIA-Handbuch wird die Zahl der Wehrfähigen mit
2,5 Millionen beziffert. Nach Medienangaben stehen etwa eine halbe Million
Frauen und Männer unter Waffen.
Seit dem Wochenende haben die Streitkräfte Befehl Zaav 8 ausgegeben und
20000 Reservisten zum Dienstantritt in den besetzten Gebieten einberufen.
Es ist die größte Mobilmachung seit dem Golfkrieg. Die Männer verließen
ihre Frauen mit unbekanntem Ziel es ist verboten, den Einsatzort zu
nennen.
Israels Rüstungshaushalt stellt fast ein Fünftel des Jahresbudgets dar:
mehr als acht Milliarden Dollar. Hinzu kommt die finanzielle Unterstützung
der USA, etwa in Form von günstigen Einkaufspreisen für amerikanische
Rüstungsgüter, wie beim M-16-Sturmgewehr. Die Armee verfügt zudem über die
kleinste Schnellfeuerwaffe der Welt, die Uzi, und den berühmten Panzer
Merkava III beide Made in Israel. Der Merkava, 62 Tonnen schwer und
mit einem 1200 PS starken Diesel-Motor ausgestattet, galt als unzerstörbar
bis die Palästinenser jüngst zwei Panzer mit TNT in die Luft sprengten.
Israel besitzt ungefähr 1000 Merkava III und 2500 ältere Modelle.
Die Armee verfügt auch über Dutzende amerikanische Transporthubschrauber
Black Hawk und Kampfhelikopter Apache sowie Cobra, die mit ausgefeilter
Raketen- und Nachtsichttechnik ausgestattet sind. Zum Arsenal gehören
F-16-Kampfjets und F-15- Eagle, 150 Mittelstreckenraketen, die mit
atomaren Sprengköpfen bestückt werden können und bis nach Bagdad reichen,
sowie alte C-130-Herkules- Transportmaschinen.
Letztere wurden jedoch mit Raketenantrieb ausgerüstet, um einen Start auf
kurzen Pisten zu ermöglichen. Weil Israel von Ost nach West in weniger als
vier Minuten überflogen werden kann, trainieren israelische Piloten oft in
der Türkei.
Haupteinnahmequelle der von Außenminister Schimon Peres mitgegründeten
Israel Aircraft Industries ist die Aufrüstung alter Maschinen. 70000
Menschen arbeiten nahe dem Flughafen Ben-Gurion und verhelfen dem größten
Arbeitgeber Israels zu einem Jahresumsatz von 1,7 Milliarden Dollar. In
den streng geschützten Hallen werden sowjetische MIGs und alte
amerikanische Phantom-Jagdbomber mit Raketentechnik und Elektronik für das
21. Jahrhundert aufgerüstet. Zudem werden unbemannte Aufklärungsflugzeuge
(Drohnen) hergestellt, die zuletzt in Afghanistan eingesetzt wurden. Viele
Länder verlassen sich auf Israels Rüstungsgüter, da sie unter echten
Bedingungen getestet werden.
Dank der hochmodernen Geräte ist Israel stets gegen Angriffe eines äußeren
Feindes gewappnet. Angesichts der Gewalt der Palästinenser sind die
Streitkräfte aber geradezu hilflos. Während der Militärapparat über
ausgefeilte Technik verfügt, ist das Volk verwundbar. Die Armee kann viele
Selbstmordattentate nicht verhindern zu durchlässig sind die Grenzen zum
Westjordanland, zu ungeschützt stehen die Soldaten auf Wachposten und
sollen jüdische Siedlungen beschützen. Für palästinensische Gewalttäter
ist es da ein Leichtes, diese zu erschießen. Unsere Armee, kommentierte
eine Zeitung, ist einfach nicht für diesen Guerillakrieg gewappnet.
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